Ein weiterer und zu erwartender Neobiota-Nachweis in Scheibbs und Purgstall. Der durch den weltweiten Handel mit Gartenpflanzen unbeabsichtigt, wohl vor allem durch Unvorsicht und Unwissenheit, eingebürgerte Buchsbaumzünsler Cydalima perspectalis (WALKER, 1859) ist nun neuerlich im Mostviertel nachgewiesen worden. Die Art ist aus Teilen Indiens, Chinas, Japans, Koreas und dem Osten Russlands bekannt und lebt in diesen Teilen Asiens an mehreren dort heimischen Buchsbaum-Arten (Buxus spp.). Der Falter breitet sich inzwischen in Mitteleuropa am vielerorts kultivierten Gewöhnlichen Buchsbaum (Buxus sempervirens L.) sehr rasch aus, wurde 2006 erstmals in Deutschland und somit in Europa festgestellt. Es handelt sich daher um ein invasives Neozoon (bzw. Neobiota). Diese sehr auffällige und kaum verwechselbare Schmetterling, gehört zur Familie der Crambidae (Zünsler bzw. Rüsselzünsler) mit weltweit mehr als 11.000 beschriebenen Arten,

mehr als 200 davon sind auch bei uns heimisch. Sie wird sich in wenigen Jahren großflächig besonders in Parkanlagen und Hausgärten in Mitteleuropa und darüber hinaus etablieren. Ausschließlich dzt. ein hysterisches Bild eines Umweltmonsters (mit der u. M. ungeeigneten und anachronistischen Rhetorik wie z.B. "gefährlicher Schädling" etc.) in den Köpfen der Menschen zu etablieren, wäre übertrieben und u. U. bedenklich.

Die Falter sind nachtaktiv und hervorragend flugfähig. Die glänzend grün-schwarz gezeichneten Raupen (mit max. ca. 40 mm Körperlänge) bilden Gespinstnester zu ihrem eigenen Schutz an den Futterpflanzen, die sie in der Tat weitgehend kahl fressen können und Buchs-Bäumchen oder -Sträucher aufgrund der mindestens in zwei oder drei Generationen pro Jahr auftretenden Falter nachhaltig schädigen. Ein Absterben der Futterpflanzen ist leider dzt. eine nicht seltene Folge. Das Auffinden der Futterpflanzen durch eiablagebereite Weibchen, in diesem Fall nahezu ausschließlich an den in Gärten und Parkanlagen gepflanzten Buchsbaum-Arten, stellt für den Falter selbst über mehrere Kilometer kein Hindernis dar. Auch ein mögliches "Ausweichen" auf andere Futterpflanzen ist nicht auszuschließen und z. T. bereits bekannt. Ob und wie rasch es den beiden, bei uns nicht heimischen Organismen-Arten in näherer Zukunft gelingt, ein wechselndes aber besseres Miteinander zu entwickeln, wird sich zeigen. Aus biologisch-ökologischer Sicht sind einige Szenarien vorstellbar und möglich. Die unwahrscheinliche Variante wäre das "Aussterben" von einer der beiden Spezies in der evolutionären Überlebensbemühung. Und es wäre zu hoffen, dass der Mensch durch ungeeignete Maßnahmen diesen Vorgang nicht zu sehr behindert. Unabhängige Forschungen mehr als bisher zu fördern (= solide Grundlagenforschung), wäre mit Sicherheit allgemein und speziell ein sinnvolleres Konzept.

 

 

Es wäre daher vorerst wünschenswert, wenn diesem Problem - wie auch in ähnlichen anderen Fällen - eine angemessene Gelassenheit entgegen gebracht wird. Vernünftiges Wissen in Umlauf zu bringen wäre der beste Weg, doch das wird wohl nur teilweise gelingen. Und die Entscheidungen, welche Gegenstrategien getroffen werden, wäre u. M. stets mit Weitblick, Augenmaß und Vorsicht vorzunehmen. Eine übertriebene und mit falschen Erwartungen und Mitteln vorgenommene Giftanwendung ist mit Sicherheit kontraproduktiv und würde nur den ohnehin überbordenden Verkauf von diversen umweltbelastenden Mitteln zusätzlich dienen. Die auch die in Gärten und Parkanlagen teilweise heute schon belastete Umweltsituation (... inkl. der Geldtaschen der öffentlichen und privaten Gartenpfleger) würde nur weiterer Schaden zugefügt, ohne das Problem nachhaltig zu lösen. Es gibt in der Tat reichlich andere dramatische Entwicklungen betreffend Natur- und Umweltschutz, die uns regional und global beunruhigen (... sollten)!

 

Herr DI Dr. Peter Fischer-Colbrie, Obmann-Stv. der 'ngm',  wurde von einer Gartenbesitzerin in Scheibbs vor wenigen Tagen angerufen und auf die Raupen auf ihrem Buchs-Strauch im Garten aufmerksam gemacht. Einige Raupen davon befinden sich nun bei uns in kontrollierter Zucht! Inzwischen wurde eine Reihe von weiteren Vorkommen des Buchsbaumzünslers in Scheibbs und auch aus anderen Teilen des Mostviertels festgestellt. Auch Nachweise aus 2011 sind inzwischen aus der näheren Umgebung bekannt geworden!

 

In Purgstall sind, nachdem die ersten Raupen auftauchten, die Gartenbesitzer sensiblisiert. Bei einigen arbeitet schon der Gartenbagger, um das Problem im Sinne des Wortes, "bei der Wurzel anzupacken". Neupflanzungen werden nicht helfen und der laufende Gifteinsatz wird nicht von jedem gut geheißen. Soweit bekannt, wird eine Umstellung auf Liguster und/oder Hainbuche vorgenommen. (Anm. E. Hüttinger)

DI Dr. Peter Fischer-Colbrie ist bereit, vor allem den zahlreichen meist fachlich wenig informierten Verkäufern von "Bekämpfungsmitteln" und die betroffenen und hilfesuchenden Gartenbesitzer hinsichtlich einer richtigen Anwendung mit geeigneteren Mitteln zu beraten. Es muss jedoch allen mehr oder weniger entschlossenen "Buchsbaumzünsler-Bekämpfern" klar sein, worauf sie sich in den nächsten Jahren (oder wohl Jahrzehnten) einlassen und welche Risken gegeben sind oder sein können, von denen wir in der Regel nicht ausreichend über Folgen Kenntnis haben. Ein großflächiges Zurückdrängen der rasch wachsenden Buchsbaumzünsler-Population in Europa ist in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten eher unrealistisch!


Weitere Informationen zu diesem Thema ist unter nachstehenden Adressen zu erhalten:

http://de.wikipedia.org/wiki/Buchsbaumz%C3%BCnsler

 

http://www.wien.gv.at/umwelt/parks/pflanzenschutz/zuensler.html

 

http://www.ages.at/ages/amtliches-und-warnmeldungen/warndienst-pflanzengesundheit/zierpflanzen/buchsbaumzuensler/

 

http://www.gartendatenbank.de/forum/raupen-an-buchs-bis-zum-kahlfrass-buchsbaumzuensler-bekaempfen-t-1014-1

 

Das Foto des Falters stammt von der Wikipedia-Webseite, ist 'public domain' und wurde von Hubert Berberich (HubiB) fotografiert. Dem Bildautor vielen Dank!


Der Buchsbaumzünsler wird in diversen (oft fachlich fragwürdigen) neueren Veröffentlichungen unter verschiedenen wissenschaftlichen Namen angegeben. Cydalima perspectalis (Walker, 1859) ist seit 2010 aktuell der zutreffende (und keinesfalls beliebige) wissenschaftliche Name. Diejenigen, die sich darüber informieren wollen, finden nachstehend einen Hinweis zur klärenden Veröffentlichung in "Europaean Journal of Entomology":

 

Mally, R. & M. Nuss 2010: Phylogeny and nomenclature of the box tree moth, Cydalima perspectalis (Walker, 1859) comb. n., which was recently introduced into Europe (Lepidoptera: Pyraloidea: Crambidae: Spilomelinae).European Journal of Entomology 107(3): 393–400

 

Vielen Dank an Mag. Dr. Peter Huemer aus Innsbruck für diesen kompetenten Hinweis.

 


 

Eine kurze Zusammenfassung über den Buchsbaum, seiner Kultur, besondere Pflegemaßnahmen und Schädlingsbekämpfung findet man auf der Homepage der Östereichischen Gartenbaugesellschaft -->> zum Buchsbaum

 

Eine u. M. treffende Veröffentlichung (2010) über das Problem zum eingeschleppten BUCHSBAUMZÜNSLER, Cydalima perspectalis (WALKER, 1859) von Armin Dahl ist hier abrufbar.

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